Bericht (von Bettina)

Da weiß man gar nicht so recht, wo man anfangen soll. Erste Langdistanz: in Worten: 3,8km Schwimmen, 180km Radfahren und einen vollen Marathon laufen. Jeder Triathlet weiß das. Viele von euch haben das dieses Jahr und auch schon vorher gemeistert!

Dem Unterfangen kann man sich auf vielfältige Weise nähern, z.B. Marathons laufen inkl. Jagd nach einer besseren Zeit als beim vorherigen (check), längeres/professionelles Trainingslager weiter von zuhause weg in warmen Gefilden (check), Teilnahmen an Mitteldistanzen (check), Anheuern eines Trainers, der die Einheiten steuert und auswertet (nicht so einfach, aber dann doch: check). Na denn, Grundlage vorhanden. Und los geht's.

Halt, dann doch noch nicht: Wir sind 3 Wochen vor dem Wettkampftermin. Ich brauche 7 Tage Trainingspause aufgrund eines Infektes und hartnäckigem Husten. Biestmilch kaufen und weiter im Text. Hat funktioniert! Am 14.08.16 ist mein großer Termin in Regensburg. Immer noch Wahnsinnsrespekt vor dem ganzen Ding: Wie sieht es auf dem Rad nach 150km aus? Wie fährt sich die Strecke? Und Laufen? Wie soll das über 42km funktionieren, nach der Vorbelastung und dann auf einem Mix aus Asphalt, Kopfsteinpflaster und Split, leicht rauf und runter? Fragen, die einen auch in der Nacht vorher immer noch beschäftigen und nicht allzu ruhig schlafen lassen. Ist auch nicht so wichtig, um 4 Uhr ist eh Schluss und man versucht, sich das eine oder andere Brötchen reinzudrücken. Stimmung ist aber ganz gut und so geht es um 4.45 Uhr rüber zum Guggenberger See, wo der Schwimmstart ist. Draußen noch tiefste Nacht und dunkel. Wir laufen allein die Straße zum See, die für den normalen Verkehr gesperrt ist und somit keine Anfahrt mit dem Auto möglich macht. Ben ist mit dabei, er wollte unbedingt auch um 4 mit aufstehen. Ich finde das sehr schön, denn irgendwie fühlt es sich mit ihm dabei schon viel vertrauter an. Wird schon nicht so schlimm werden.

Danach übliches Prozedere, wie man es von vielen vorherigen Wettkämpfen schon kennt: Rad nachgucken (uih, alles nass vom Tau!), Riegel verstauen, Trinksystem fertigmachen. Ok, inzwischen schon Zeit, um in den Neo zu schlüpfen und kurz in der Einschwimmzone (nochmal ein ganzes Stückchen vom Schwimmstart weg...) die Arme warm zu kriegen.

Und dann geht´s auch schon über die Registriermatte zum Schwimmen. Erste (Außen-)Runde des zu schwimmenden U's läuft gut, bin irgendwo in einer Gruppe und komm ganz gut mit; hab aber schon das Gefühl, wir schwimmen ein bißschen Schlangenlinien. Und Landgang — kurz laufen, und wieder rein ins Wasser. Immer noch alles gut, aber auf der Hälfte der Innenrunde sieht man irgendwie nicht mehr, welche Boje zu Innen- und Außenrunde gehört, also einfach allen hinterher... Am Ende paßt die Schwimmzeit mit 1:05h ganz gut und ich kann über T1 raus aufs Radl.

Entgegen all meiner vorherigen Überlegungen hab ich doch einfach wie immer die nassen Wettkampfsachen angelassen und einfach eine Weste drübergezogen. Da das Oberteil Ärmel hat, brauch ich auch keine Ärmlinge. Ich finde recht schnell in einen mir sehr angenehmen Rhythmus auf dem Rad. Ja, es ist Wettkampf und ich soll aus meiner comfort zone raus. Aber jetzt noch nicht, auf dem Fahrrad gehe ich es erstmal vorsichtig an, damit es nach hinten raus nicht noch mehr einbricht, als eh zu erwarten ist. Radfahren macht mir super Spaß!! In meinem Tempo und ganz ohne Gewühl geht die erste Runde sehr schnell rum und ich bin schon wieder am See!! Die Strecke liegt mir, die Anstiege sind überschaubar und auch gut mit dem Zeitfahrrad zu fahren. Irgendwie ein bisschen wie die Erdinger Runde, die ich vorher ziemlich oft allein abgeklappert hab. Die Stimmung an der Strecke ist richtig super. An den Steigen werden Tour de France - ähnliche Gassen gebildet, geklatscht und angefeuert. Die Leute sind echt toll! Verpflegung, Salztablettenaufnahme und Trinksystemauffüllung funktionieren einwandfrei, alles fahrend ohne anzuhalten zu bewältigen. Die letzten Kilometer rein nach Regensburg sind die Einzigen, die sich ein bisschen fies anfühlen, weil auf dem Frankenweg ganz schön Gegenwind bläst. Inzwischen ist es schon gut Mittag und die Sonne wird ziemlich heiß. Nach 6:08h Radzeit geht es durchs T2 Wechselzelt auf die Laufstrecke.

Die sehr nette Helferin nimmt meine Sachen entgegen bzw. hilft beim Eincremen und hält die Schuhe auf, ein Wahnsinn! Eigentlich muss ich schon seit ewigen Zeiten mal einen Biostop einlegen, aber auf dem Rad lief´s so gut und das wollte ich nicht unterbrechen...! Und obwohl ich mir fest vornehme, noch in der Wechselzone das Dixi heimzusuchen, laufe ich doch direkt raus auf die Strecke. Dort steht sofort Norbert mit Ben und fragt auch schon, was ich brauche. Ein KLO! ? Das kriege ich dann sogar in Form einer öffentlichen Toilette noch auf dem ersten Kilometer.

Und dann geht es also weiter auf meiner Lieblingsdisziplin. Plan war, alle 2km zwischen den Verpflegungen zu laufen und dort dann zur Flüssigkeitsaufnahme gehen zu dürfen. Die erste Runde (somit die ersten 10 km) war das auch eigentlich drin (auch wenn es auf den Durchlaufzeiten anders aussieht), nur frag ich mich, wie ich das noch 3 Runden mache? Ab der 2. Runde wird das Kopfsteinpflaster in der Innenstadt rund um dem Dom sehr gemein zu laufen. Da aber die Leute, die zahlreich an der Strecke stehen, einen unermüdlich namentlich anfeuern, traue ich mich nicht, zu gehen. Ab km 18 ist mein Magen der Meinung, der Iso-Cola-Gel Mix reicht jetzt. Macht total zu und ist sauer! Bei jedem Anlaufen hab ich das Gefühl, mir schwappt´s über. Nun ist also langzeitig gehen angesagt und zum ersten Mal an diesem Tag kommt mir der Gedanke, dass ich es vielleicht nicht bis ins Ziel schaffen könnte. Die Tuc-Cräcker, die Norbert mitgebracht hat und die es auch auf der Strecke gibt, helfen ein bisschen weiter. Und irgendwie geht es doch immer vorwärts, auf der dritten Runde und dann auch auf der vierten. Ich lese die km-Zahlen auf den Streckentafeln und schaue auf die eigene Uhr und weiß, ich bin tatsächlich bei km 34 jetzt. Nur noch einmal den kleinen Brückenberg rauf und runter! Jetzt kommt die Bändchenvergabe am Dultplatz: Nach rot, blau und gelb erhalte ich das grüne Bändchen und gehe somit auf meine letzten 2 km. Die Leute an der Strecke sind unglaublich! Von: "Nur noch 100m!" bis: "Ganz starke Leistung!" bekomme ich alles zu hören und beginne, vor mich hin zu lächeln.

Jetzt weiß ich, dass ich es schaffen werde und zwar noch unter 13h!! Das war mein Wunsch. Und ich darf auf der Ziellinie zusammen mit Ben ins Ziel einlaufen, da haut es mich einfach um. Das ist eine emotionale Achterbahn aus Glück, Tränen der Erleichterung und absoluter Erschöpfung. Ich bin im Ziel. 12:44:46h. Was für ein Tag! Unglaublich! Will ich das nochmal? Weiß nicht, heute nicht fragen. Aber morgen...?

Mein Riesendank geht an meine ganze Familie: Norbert und Ben, die alles so toll mitgemacht und mich voll unterstützt haben (auch wenn ich es ganz anders mache als Norbert). Alain (der einen Scheißtag hatte, mit mir zusammen gegangen ist und das Ding trotzdem gefinisht hat) und Nela (die Ben mit betreut hat am Renntag und trotz eigenem Ermüdungsbruch im Fuß den ganzen Tag auf den Beinen war). An meinen Papa, der das gar nicht glauben konnte, dass ich sowas kann. An meine Ma, die 2 Monate vorher einen schweren Autounfall hatte und für die ich mitgelaufen bin! An all die super Helfer und Supporter, die an der Strecke präsent waren und diesen Tag so unglaublich schön gemacht haben für mich.

Im Nachtrag habe ich über Denis (auch dafür vielen herzlichen Dank) die folgende Mail bekommen, die das Erlebte ganz gut zusammenfasst:

"Hallo liebes Triathlon-Team der Solidarität Ismaning, beim Durchschauen meiner Bilder von der Challenge Regensburg von letztem Sonntag habe ich ein Bild gesehen, welches aus der Masse der anderen Zieleinlaufs-Bilder sehr heraussticht. Es ist das emotionale Bild ihres Teammitglieds Bettina beim Zieleinlauf mit einem Jungen. Für den Fall, dass es ihr Sohn ist, hoffe ich, dass Sie sich über das Bild freut :-) Das Bild ist im Anhang und kann natürlich beliebig verwendet werden!

Viele Grüße und Glückwunsch zum Finish an Bettina, Tom